KUNSTWERK „NÜRNBERGER KREUZWEG“ VON KARL PRANTL
Die neue Infostele zum Kunstwerk „Nürnberger Kreuzweg“ neben der Lorenzkiche. | Bildquelle: Planungs- und Baureferat / Stadt Nürnberg

KUNSTWERK „NÜRNBERGER KREUZWEG“ VON KARL PRANTL

Nürnberg – Die Stadt Nürnberg ist dem Vorschlag des Beirats für Bildende Kunst (BBiK) gefolgt und hat nun eine zusätzliche Informations-Stele zur Entstehungsgeschichte des in die Kritik geratenen Kunstwerks „Nürnberger Kreuzweg“ von Karl Prantl auf der Nordseite der Lorenzkirche installiert.
Die Stele ergänzt das Kunstwerk mit folgendem Tafeltext des Nürnberger Stadtarchivs: „Der Bildhauer Karl Prantl (1923-2010) schuf 1991 das hier 1996 aufgestellte Kunstwerk ‚Nürnberger Kreuzweg‘ aus Granitplatten der Großen Straße vom ehemaligen Reichsparteitagsgelände. Seine Annahme, der Granit stamme aus Steinbrüchen, in denen Häftlinge aus Konzentrationslagern Zwangsarbeit leisten mussten, konnte aus dem damaligen Stand der Forschung abgeleitet werden. Inzwischen ist bekannt, dass dies nicht zutrifft, da das Material aus herkömmlichen Steinbrüchen angekauft worden war. Um diese Information ergänzt, bleibt der ‚Nürnberger Kreuzweg‘ Karl Prantls als Kunstwerk bestehen.“ „Auf eine Umdeutung des Werks wurde verzichtet, Vorwürfe an den Künstler sind aus städtischer Sicht fehl am Platz“, erläutert Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich.

Karl Prantl galt und gilt als für die skulpturale Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts bedeutender und produktiver Bildhauer, der auch über sein Heimatland Österreich hinaus Bekanntheit erlangte und gewirkt hat.

Sein Kunstwerk „Nürnberger Kreuzweg“ auf der Nordseite der Lorenzkirche besteht aus 14 Granitplatten, jeweils im Format 10 mal 120 mal 120 Zentimeter. Die Platten sind im Abstand von 70 Zentimetern als Weg angeordnet, heben sich vom umliegenden Pflaster ab und sind durch eine in den Boden eingelassene Inschrift des Künstlers ergänzt: „Und auch Steine leben. Sie sind Gebeine der Mutter Erde. Missbrauch von Steinen ist wie Missbrauch am Menschen. Die vierzehn Steinplatten stammen von der Großen Straße des Nationalsozialistischen Reichsparteitagsgeländes. Sie wurden Stück für Stück von Zwangsarbeitern und Gefangenen in Konzentrationslagern bearbeitet. Jeder Stein ist Fingerabdruck eines missbrauchten und geschundenen Menschen.“

Im Januar 2019 wurde das Kunstwerk zum Thema eines Artikels in den „Nürnberger Nachrichten“. Die von Prantl dort getroffene Aussage, dass die Steine von KZ-Häftlingen bearbeitet worden seien, ist nach Recherchen der im Artikel zitierten Historiker Eckart Dietzfelbinger und Alexander Schmidt falsch. Eckart Dietzfelbinger spricht hier von „KZKitsch“. Die damalige Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St. Lorenz, Susanne Bammessel, plädierte daher für eine neue Inschrift oder eine erläuternde Tafel.

Der BBiK der Stadt Nürnberg befasste sich daraufhin im Februar 2019 mit dem Begleittext zu Karl Prantls Denkmal. Da der Nachweis erbracht wurde, dass die Aussagen zu KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern falsch sind, empfahl der BBiK einen erklärenden Text am „Nürnberger Kreuzweg“ anzubringen. Ein Eingriff in das Kunstwerk, also eine Änderung von Prantls Text, lehnte der Beirat ab.

Die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus war für Karl Prantl ein wichtiges Anliegen, das auch in seiner Biografie, also seinen eigenen Erfahrungen, begründet war. Nach seinem Einsatz als Soldat im Zweiten Weltkrieg und der Kriegsgefangenschaft setzte er sich für Frieden und Völkerverständigung ein; für das KZ Mauthausen schuf er einen Meditationsstein. In Nürnberg konzentrierte sich seine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus auf die Große Straße, wobei er davon ausging – und aufgrund der damaligen Forschungslage auch ausgehen konnte –, dass der Granit für die Platten der Großen Straße aus KZ-Steinbrüchen stammte. Auch Nürnberger Historiker teilten diese Ansicht. Erst durch die 1995 angestellten Recherchen des Stadtarchivs erwies sich diese Annahme als nicht haltbar. Seit 1997 sind diese Rechercheergebnisse über die Bibliothek des Stadtarchivs öffentlich zugänglich.

Karl Prantl – Bildhauer und „Vater der Symposionsbewegung“
Karl Prantl wurde am 5. November 1923 geboren und wird immer wieder als „Vater der Symposionsbewegung“ bezeichnet, wobei er sein Vorhaben ohne seine Mitstreiter nicht hätte verfolgen können, auch wenn er sicher die treibende Kraft war. Er verfolgte die Symposionsidee, das gemeinsame Arbeiten von Bildhauern aus verschiedenen Ländern im Freien, weiter, organisierte etliche weitere Symposien und nahm an vielen Treffen teil. So regte er auch die Durchführung des Symposium Urbanum 1971 in Nürnberg an, an das noch heute sein „Stein zur Meditation“ am Hauptmarkt erinnert. Karl Prantl arbeitete in aller Welt bis er 1978 seinen Hauptwohnsitz in seinem Geburtsort Pöttsching nahm, wo er bis zu seinem Tod am 8. Oktober 2010 lebte. Noch 2009 wurde er mit dem Großen Österreichischen Staatspreis geehrt. Insbesondere in den 1980er Jahren wurden seine Werke auf dem Kunstmarkt hoch gehandelt.

Karl Prantl bezeichnete verschiedene Skulpturen mit gleichen oder ähnlichen Namen, so gibt es mehrere Meditationssteine und auch Kreuzwege. Schon 1959/60 entstand eine Kreuzweg-Platte aus Bronze für die Hochschulgemeinde Wien, 1979 fertigte er für das Kloster Frenswegen bei Nordhorn für die Außenanlage einen Kreuzweg, der Anzahl der Kreuzwegstationen entsprechend aus 14 Sandsteinplatten auf 33 Metern Länge.

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